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Systeme der Selbstverwaltung Freier Berufe

Eine ökonomische und rechtsvergleichende Analyse bestehender Selbstverwaltungssysteme Freier Berufe in der Europäischen Union und Vorschläge zur Ausgestaltung der Selbstverwaltung de lege ferenda


Das System der Selbstverwaltung – namentlich der Freien Berufe – sieht sich verschiedentlicher Kritik ausgesetzt. Sie folgt aus der Annahme, die Selbstverwaltungseinrichtungen würden vor allem die Interessen ihrer Mitglieder unter Zurückstellung der oder auch gegen die Interessen Dritter (etwa Interessen auf Nachfrageseite, Verbraucherinteressen oder den Interessen möglicher Konkurrenten) wahrnehmen. Konkretisiert wurde die Kritik an der berufsständischen Selbstverwaltung u.a. durch die Monopolkommission in ihrem Hauptgutachten 2004/2005.

Es bestehe die Gefahr, dass bei den Entscheidungen der Berufskammern die Interessen der momentan Berufsangehörigen im Vordergrund stünden und nicht die von Nachfragern, konkurrierenden Berufen oder potentiellen Berufseinsteigern. Daher solle sich nach Ansicht der Monopolkommission die Arbeit der Selbstverwaltungsorgane auf die Festsetzung und Überwachung von Qualitätsstandards und die außergerichtliche Streitbeilegung beschränken. Eine Selbstregulierung im Hinblick auf kommerzielle Aspekte solle hingegen unterbleiben, da hier eine besonders hohe Gefahr der Wettbewerbsbeschränkung zum Nachteil der Nachfrager bestehe.

Eine ähnlich lautende Kritik findet sich im Forschungsbericht „Economic impact of regulation in the field of liberal professions in different Member States“ des Institutes für Höhere Studien in Wien aus dem Jahr 2004. Danach sei der Selbstregulierung Freier Berufe die Gefahr immanent, dass diese Marktabschottungstendenzen aufweise, einen effektiven Preiswettbewerb verhindere und den Wettbewerb der Leistungsanbieter unterbinde. Dem folgte auch die durch den damaligen Wettbewerbskommissar Mario Monti verantwortete Mitteilung der Kommission „Bericht über den Wettbewerb bei freiberuflichen Dienstleistungen“, Komm (2004) 83 vom 9. Februar 2004.

Die hier angesprochenen Fragen sind vor dem Hintergrund der allgemeinen Diskussion zu sehen, ob die Regulierungen der Freien Berufe öffentliche Interessen schützen oder vielmehr Standesinteressen dienen. Insbesondere die EU-Kommission drängt aus diesem Grund nach wie vor zu einer weiteren Liberalisierung des Berufsrechts der Freien Berufe. Die Ausgangsthese ihrer Auffassung lautet, dass eine geringere Regulierung aus Sicht der Volkswirtschaftslehre und der Verbraucher anzustreben sei, da eine intensive Regulierung keine Vorteile mit sich brächte. Kronzeugen für diese Annahme seien vor allem geringer regulierten Märkte (bspw. in Skandinavien), in denen kein Marktversagen festzustellen sei.

Diese Untersuchung soll für den Themenkomplex der Selbstverwaltung Freier Berufe erstmals eine umfassende Analyse der geltenden Regulierungsmodelle in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union unter Einbeziehung wirtschafts- und rechtswissenschaftlicher Methoden liefern. Ziel der Untersuchung ist es die Darstellung aller relevanten Aspekte zu Fragen freiberuflicher Selbstverwaltung und ihrer Beziehungen zueinander. Hierzu werden veröffentlichte Analysen dargestellt und kritisch hinterfragt und um eigene Forschungsansätze ergänzt.

Am Ende steht die Bewertung verschiedener Einzelaspekte zu Fragen der freiberuflichen Selbstverwaltung. Dabei sollen Aussagen zur Zweckmäßigkeit und zur Effektivität einzelner Regulierungsansätze getroffen, deren mögliche nachteilige Auswirkungen für Dienstleistungsnachfrager benannt und alternative Regulierungsmodelle vorgestellt werden. Die Ergebnisse und Analysen sollen der aktuellen rechtspolitischen Diskussion wichtige Impulse geben.

 

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